Sandra Schels, Expertin bei Ecovis im Sozialversicherungsrecht
Sandra Schels, Expertin bei Ecovis im Sozialversicherungsrecht

Praxistipp: Wie sich Kliniken vor Scheinselbstständigkeit schützen

/ Sandra Schels, Expertin bei Ecovis im Sozialversicherungsrecht / Steuer

In Krisenzeiten werden Menschen kreativ, auch bei der Ausgestaltung von Arbeitsverhältnissen. In zwei Verfahren hatte das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass eine Pflegefachkraft auch dann in einem Krankenhaus abhängig beschäftigt ist, wenn sie ihre Pflegedienstleistung auf Honorarbasis über eine Kapitalgesellschaft abwickelt. Dass der Auftraggeber die Pflegefachkraft nicht offiziell anstellt, sondern als Subunternehmer auf selbstständiger Basis engagiert, lässt direkt Scheinselbstständigkeit vermuten.

Was ist Scheinselbstständigkeit?

Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn ein selbstständiger Auftragnehmer nach objektiven Kriterien ein Arbeitnehmer ist und versicherungspflichtig in der Sozialversicherung anzumelden wäre. Kriterien für eine selbstständige Tätigkeit sind das Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte und die Verfügung über die eigene Arbeitskraft und die freie Einteilung der Arbeitszeit. Bei einer abhängigen Beschäftigung hingegen ist der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig und in den Betrieb eingegliedert, wie z.B. bei der Übernahme von Schichtdiensten.  Der Arbeitgeber hat ein umfassendes Weisungsrecht gegenüber dem Arbeitnehmer.

Eine zwischengeschaltete UG oder GmbH schützt nicht

In den Urteilsfällen gründete ein Krankenpfleger eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und eine Pflegefachkraft eine UG (haftungsbeschränkt) als Unterform der GmbH. Beide Pflegekräfte waren jeweils alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer ihrer Kapitalgesellschaften. Aufgrund von Dienstleistungsverträgen mit dem jeweiligen Krankenhausträger übernahmen sie höchstpersönlich die Pflege der Patienten und waren in die Arbeitsabläufe des Auftraggebers eingegliedert. Sie waren davon überzeugt, selbstständig tätig zu sein. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zum Krankenhaus hatten sie schon deshalb ausgeschlossen, weil Auftragnehmer nicht sie selbst, sondern die zwischengeschalteten Kapitalgesellschaften waren.

Es lässt sich grundsätzlich kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ausschließen, wenn der Auftraggeber eine juristische Person ist. Die Gründung einer Ein-Personen-GmbH kann kein typisches sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Gesellschafter und dem Auftraggeber umgehen. Eine Vertragsbeziehung mit einer Ein-Personen-Kapitalgesellschaft schützt also nicht und schließt eine Sozialversicherungspflicht nicht aus.

Risiko trägt der Auftraggeber

Scheinselbstständigkeit ist vor allem für Auftraggeber ein ernstes Thema. Stellt sich nämlich heraus, dass es sich bei einem Beschäftigungsverhältnis um eine Scheinselbstständigkeit handelt, muss der Auftraggeber die gesamten Sozialversicherungsbeiträge rückwirkend innerhalb der Verjährungsfrist von vier Jahren nachzahlen. Je nach Dauer und Umfang der Zusammenarbeit kann es sich um enorme Beträge handeln.

Rechtssicherheit schaffen

Alle Beteiligten (Auftraggeber und Auftraggeber) können bei der Clearingstelle der deutschen Rentenversicherung Bund eine Entscheidung bezüglich des Status der Erwerbstätigung beantragen, dem sogenannten Statusfeststellungsverfahren. Diese prüft das konkrete Beschäftigungsverhältnis und legt den Status verbindlich fest.

Die Anforderungen an eine Selbständigkeit von Honorarärzten und Pflegekräften in Krankenhäusern bergen häufig Tücken. Eine saubere Abgrenzung in den vertraglichen Vereinbarungen reicht häufig nicht aus, sondern es kommt zudem darauf an, wie das Vertragsverhältnis tatsächlich gelebt wird. Im Zweifelsfall sollten Krankenhausträger ein Statusfeststellungsverfahren einleiten.