Ein Viertel der Kliniken von Insolvenz bedroht
Niedrige Bettenauslastung, sinkende Leistungsvolumina, steigende Kosten – und eine unzureichende Finanzierung: Die Krankenhausbranche steht zunehmend unter Druck. Fast 80 Prozent der Krankenhäuser erwarten 2024 ein Defizit.
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Steigende Kosten, sinkende Leistungsvolumina und eine unzureichende Finanzierung setzen die Krankenhaus-Branche zunehmend unter Druck. Besonders kritisch ist die Liquiditätslage: Mehr als 40 Prozent der Häuser berichten laut einer aktuellen Untersuchung von akuten Finanzierungsschwierigkeiten; die Zahl der Insolvenzen wird sich voraussichtlich weiter erhöhen. Und die vorgezogene Bundestagswahl hat die Unsicherheit mit Blick auf die Politik nur weiter erhöht. Die Ausarbeitung der Verordnungen zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) ist aus Sicht der Branche noch unzureichend, was für erhebliche Unsicherheiten sorgt: Strategische Entscheidungen müssten momentan unter unsicheren Rahmenbedingungen getroffen werden, so die Autoren der Studie.
Entscheidender Faktor Medizinkonzept
Die Krankenhausreform mit der Einführung der Leistungsgruppen und der Neustrukturierung der Finanzierung stellt Kliniken vor große Herausforderungen. Auch wenn einzelne Bundesländer bereits mit der Umsetzung begonnen hätten, bleibe die praktische Umsetzung doch meist noch unklar und sorge für Unsicherheit, schreiben die Studienautoren. Das KHVVG zwinge Krankenhäuser zu strategischen Entscheidungen, ohne dass klare finanzielle und strukturelle Leitlinien vorliegen würden. Besonders die Ermittlung des Vorhaltebudgets ab 2027 sorge für Unsicherheit, da das Jahr 2025 mit den erbrachten Leistungsmengen entscheidend für die künftige Finanzierung sei. Auch die krankenhausinterne Schlüsselung der Fälle spiele dabei eine wesentliche Rolle.
Die Zahl der Insolvenzen werde 2025 voraussichtlich weiter steigen, da finanzielle Reserven weitgehend aufgebraucht seien, so die Autoren. Während Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft bisher von Haushaltsausgleichen hätten profitieren konnten, würden diese Mittel zunehmend nicht mehr zur Verfügung stehen. Besonders kleinere und spezialisierte Häuser sehen aktuell sich einem hohen wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt. Der Umsatzanstieg im Jahr 2024 betrug laut der Daten nur noch 2,7 Prozent, während die nicht ausreichend refinanzierte Steigerung der Personalkosten (durchschnittlich 8,7 Prozent pro Jahr) das Jahresergebnis vollständig aufzehre. Die Bettenauslastung beträgt nur noch 71 Prozent – wirtschaftlich tragfähig wären mindestens 85 Prozent, so die Autoren. Zwei von drei Krankenhäusern geben an, dringend notwendige Modernisierungen nicht finanzieren zu können. Besonders betroffen sind Investitionen in Gebäudeinstandhaltung, Medizintechnik und Digitalisierung.
Sinkendes Leistungsvolumens – Ursachen und Auswirkungen
In der COVID-19-Pandemie ist das Leistungsvolumen durch Bettenfreihaltungen, Stationsschließungen etc. um rund. 15 Prozent gesunken; heute liegt es immer noch um rund elf Prozent unter dem Vor-Pandemie-Niveau des Jahres 2019. Trotz nachhaltig gesunkener Leistung wurden die Personalkapazitäten bisher kaum angepasst – die Produktivität sei also gesunken, heißt es in der Studie. Aktuell sei nicht davon auszugehen, dass das stationäre Leistungsvolumen wieder nachhaltig steigen wird. Ob das Produktivitätsniveau wieder auf das Niveau von 2019 gesteigert werden kann, sei fraglich. Hier würden geänderte arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen ebenso wie geänderte Ansprüche eine Rolle spielen. All das wirke sich erheblich auf die Wirtschaftlichkeit aus.
Die Krankenhausreform, insbesondere die Leistungsgruppensystematik mit Mindestmengen werde für viele kleinere und mittlere Krankenhäuser den Leistungsrückgang weiter verstärken, so die Erwartung der Studienautoren vom Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen Curacon. Fachkräftemangel und fehlende finanzielle Mittel für Digitalisierung und Innovationen würden die Lage verschärfen – eine weitere Marktbereinigung.