Europäischer Erfahrungsaustausch im OP-Saal
Ein Münchener Team hat jetzt erstmals in Griechenland eine minimal-invasive Entfernung von Lungengewebe bei einem selbständig atmenden Patienten durchgeführt. Die Technik der Video-assistierten Thorakoskopie wurde 2019 erstmals angewendet.
Das Ärzteteam der München Klinik Bogenhausen mit den griechischen Kolleg:innen im OP in Thessaloniki. ©München Klinik
Nachdem es vor fünf Jahren einem interdisziplinären Ärzteteam aus Thoraxchirurgen und Anästhesiologen der München Klinik (MüK) Bogenhausen weltweit erstmals gelungen ist, einer selbständig atmenden Patientin einen kompletten Lungenflügel zu entfernen, hat dieser Eingriff jetzt mit Unterstützung aus München in Griechenland Premiere gehabt. Im Rahmen des Kongresses der ISMICS (International Society of Minimally Invasive Cardio-Thoracic Surgery) in Athen führte das Bogenhausener Team eine minimal-invasive Lungenresektion an einem selbständig atmenden Patienten in einem Krankenhaus in Thessaloniki durch. Durchgeführt wurde der Eingriff unter der Leitung von Prof. Johannes Bodner, Chefarzt der Klinik für Thoraxchirurgie am MüK, sowie Prof. Patrick Friederich, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und dem Leidenden Oberarzt der Klinik für Thoraxchirurgie, Dr. Andreas Hiebinger.
Das Team entfernte erstmals in Griechenland Lungengewebe an einem spontan atmenden Patienten – und das über einen minimal-invasiven Zugang: „Der Lungenkrebspatient hatte eine deutlich eingeschränkte Herzlungenfunktion und stark entzündetes Lungengewebe“, so Bodner. Er erläuterte, warum dieser schonende Eingriff gerade für diesen Patienten angezeigt war. „Patienten, die grenzwertig operabel sind, profitieren vom minimal-invasiven Operationszugang und dem möglichst geringen Verlust an Lungengewebe. Wir verzichten zudem bewusst auf eine invasive Beatmung – und damit auf einen zusätzlichen Stressfaktor für die Lunge während der Operation.“ Die künstliche Beatmung stellt gerade bei großen Operationen an der Lunge ein ,notwendiges Übel‘ dar: sie belastet das durch die Operation ohnehin ,gestresste‘ Lungengewebe zusätzlich und erhöht dadurch das Risiko für nachfolgende Komplikationen. Außerdem kann der bei Lungeneingriffen größere und speziell gebogene Tubus zu Verletzungen der Atemwege führen. Umso bedeutender ist die neue Operationstechnik, die eine durchgehend selbstständige Atmung der Patienten bei der Entfernung von Lungengewebe bis hin zum kompletten krebserkrankten Lungenflügel ermöglicht. Derartige Eingriffe könnten damit verträglicher durchgeführt und die Komplikationsrate gesenkt werden, hieß es. Zudem werde die Operabilität erhöht, da einzelne Eingriffe durch das Verfahren überhaupt erst möglich würden.
Die Operation selbst fand im ,Interbalkan Hospital‘ in Thessaloniki statt und wurde live ins Kongressplenum nach Athen übertragen und von internationalen Experten moderiert und diskutiert. Da derartige Eingriffe an der MüK Eingriffe bereits seit Jahren routinemäßig an ausgewählten Patienten im dortigen Lungenzentrum durchgeführt werden, die griechischen Kollegen hatten aber bisher keine Erfahrung damit haben, werde eine weiterführende Kooperation angedacht, so Friederich.
Die Klinik für Thoraxchirurgie in Bogenhausen stellt ein bundesweit und international anerkanntes Zentrum für Video Assistierte ThorakoSkopie (VATS) dar. Bei dieser minimal-invasiven Technik wird der Brustkorb nicht mehr großflächig eröffnet; die Operationsinstrumente werden stattdessen ebenso wie eine dünne Stabkamera, welche ein Bild des Inneren der Brusthöhle auf einen Monitor überträgt, über wenige und sehr kleine Zugänge eingeführt. Während dieses Verfahren bei kleineren Eingriffen und gutartigen Erkrankungen bereits allgemeine Anwendung findet, werden in Bogenhausen auch komplexe Eingriffe bei Lungenkrebs und anderen Tumoren der Brusthöhle routinemäßig mittels VATS durchgeführt. Das Team konzentriert sich bei der Anwendung des Verfahrens der nicht intubierten Lungenchirurgie vor allem auf jene Patienten und Eingriffe, bei denen der Verzicht auf die Intubation die größten Vorteile erwarten lässt: bei kleinen Patienten komme es beispielsweise häufiger zu Komplikationen, da die Luftröhre und der Tubus oft in einem ungleichen Größenverhältnis stünden, so Bodner und Friederich. Die beiden Chefärzte bzw. Abteilungen haben ihr Ziel erreicht, diese maximal schonende Kombination aus Nicht-Intubation und minimal-invasiver OP-Technik routinemäßig bei allen geeigneten Lungenoperationen anzuwenden und damit das Operationsrisiko und die Belastungen für die thoraxchirurgischen Patienten an der München Klinik Bogenhausen noch weiter zu minimieren.