Grundsanierung vor Klimaschutz-Investitionen nötig
Krankenhäuser können einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten – allerdings sind dafür Investitionen in Milliardenhöhe notwendig. Bevor es an eigentliche Klimaschutzmaßnahmen geht, muss in die Grundsubstanz investiert werden.
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Laut eines kürzlich veröffentlichten Gutachtens sind Investitionen in Höhe von mehr als 30 Milliarden Euro notwendig, um die deutschen Krankenhäuser in den kommenden Jahren klimaneutral umzugestalten. Allein 23,4 Milliarden Euro sind für die Sanierung der Gebäudehüllen notwendig, zum Beispiel für Fassaden- und Dachdämmung. Mehr als die Hälfte davon – 12,7 Milliarden – sei für die Grundsanierung ohne spezielle Klimaschutzaspekte nötig, hieß es anlässlich des von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) in Auftrag gegebenen Gutachtens. Denn die Mehrzahl der Häuser (rund 65 Prozent) wurde vor 1978 errichtet und weist ungünstige energetische Merkmale auf, insbesondere eine geringe Wärmedämmung. Ohne die bereits in Kraft getretene Krankenhausreform und den geplanten Krankenhaustransformationsfonds würde der Investitionsbedarf laut des Institute for Healthcare Business (hcb), dass die Untersuchung durchgeführt hat, noch einmal rund 5,5 Milliarden Euro höher liegen. Die zu erwartenden Veränderungen in der Krankenhauslandschaft (Schließungen, Zusammenlegungen und weitere Maßnahmen), die durch den Transformationsfonds finanziert werden können, dürften laut der Autoren einen Teil der benötigten Investitionen in Höhe von rund sieben Milliarden Euro abdecken. Allein der Bereich Wärme- und Kälteerzeugung sowie -Rückgewinnung, Lüftungsanlagen und Heizungspumpen macht laut der Berechnungen rund zwei Milliarden Euro des über die Grundsanierungskosten hinausgehenden Bedarfs aus.
Zum Hintergrund: das Gesundheitswesen verursacht etwa fünf bis sechs Prozent der jährlichen Treibhausgasemissionen in Deutschland. Insbesondere Krankenhäuser weisen dabei einen hohen Energie- und Ressourcenverbrauch auf. So werden pro aufgestelltes Bett und Jahr rechnerisch über 32.000 Kilowattstunden (kWh) Strom- und Wärmeenergie benötigt, über 110.000 Liter Wasser verbraucht und rund 1,4 Tonnen Abfall erzeugt.
„Der Investitionsbedarf der Krankenhäuser für den klimagerechten Umbau ist gewaltig. Zugleich sind aber auch die Chancen riesig“, so der Vorstandsvorsitzende der DKG, Dr. Gerald Gaß. Aufgrund des hohen Verbrauchs böten das Gesundheitswesen und die Kliniken aber auch die Chance, sehr schnell hohe Einsparungen beim CO2-Ausstoß zu erreichen. „Mit vielen eigenen Initiativen haben sich die Kliniken längst auf den Weg gemacht, Klimaneutralität zu erreichen. Aber ohne die entsprechenden Investitionsmittel ist eine wirksame Umgestaltung nicht möglich. Der hohe Bedarf für die Grundsanierung der Gebäude zeigt, wie stark die Krankenhäuser in den vergangenen Jahrzehnten in Sachen Investitionskosten vernachlässigt wurden“, so der DKG-Vorstandsvorsitzende. Eine systematische Unterfinanzierung habe dazu geführt, dass es heute Häuser gebe, die bereits einen milliardenschweren Investitionsbedarf für ihre Grundsanierung haben, bevor sie überhaupt den klimagerechten Umbau angehen könnten. Die DKG plädiert daher für einen Krankenhaus-Klimafonds mit einem Volumen von 31 Milliarden Euro und einem Förderzeitraum bis mindestens 2035.
„Gerade jetzt ergibt sich durch die Krankenhausreform und den damit verbundenen Umbau der Krankenhauslandschaft die einmalige Chance, auch die Klimaneutralität der Krankenhäuser voranzubringen. Doch dazu braucht es vernünftiges planerisches und strategisches Vorgehen. Deshalb muss bei allen Um- und Neubauten im Zuge der Krankenhausreform Klimaschutz mitgedacht werden. Neue Strukturen müssen nachhaltig geplant und umgesetzt werden. Es ist klar, dass noch höhere Kosten entstehen, wenn die notwendigen klimafreundlichen Maßnahmen erst nachträglich umgesetzt werden.“ Das Gutachten des Institute for Health Care Business (hcb) mache auch deutlich, dass für einen Teil der Grundinvestitionen tatsächlich Mittel des Transformationsfonds genutzt werden könnten. Die Autoren gehen davon aus, dass fast sieben Milliarden Euro aus dem Transformationsfonds für entsprechende Investitionen eigesetzt werden könnten.
„Wir müssen uns dem klimagerechten Umbau der Krankenhäuser stellen. Ein Klinikbett benötigt rechnerisch so viel Energie wie zwei durchschnittliche Einfamilienhäuser. Krankenhäuser sind damit Großverbraucher und können deshalb einen großen Beitrag zur CO2-Einsparung leisten. Das Einsparpotential ist riesig. Andererseits müssen wir die Kliniken selbst auf zunehmende Wetterextreme vorbereiten. Für die länger anhaltenden Hitzeperioden müssen wir sie mit einem wirksamen Hitzeschutz ausstatten. Ventilatoren und verdunkelnde Vorhänge, wie sie noch immer der Standard in den meisten Krankenhäusern sind, reichen nicht mehr aus. Die Politik hat die Krankenhäuser in dieser Frage bislang allein gelassen. Mehr als kleine Anpassungen waren den Kliniken aufgrund der ausbleibenden Investitionsmittel nicht möglich. Das muss sich dringend ändern, wenn wir den ohnehin schon riesigen Investitionsstau nicht noch weiter vergrößern wollen“, so DKG-Vorstand Gaß.