Spieglein, Spieglein an der Hand
Spiegeltherapie in der Dr. Becker Rhein-Sieg-Klinik. ©Dr. Becker Klinikgruppe
In der Dr. Becker Rhein-Sieg-Klinik sorgt ein neuer Spiegeltherapietisch für die perfekte Illusion. Davon profitieren sowohl ambulante als auch stationäre Patient:innen bei Einschränkungen der Extremitäten, etwa nach Schlaganfall oder Hirnverletzungen.
Schnell einen Schluck trinken, das Salz reichen oder Schuhe zubinden – für Menschen mit eingeschränkter Arm- und Handfunktion, etwa nach einem Schlaganfall, sind diese alltäglichen Bewegungen eine große Herausforderung. Nach einem Hirninfarkt sind die ersten drei bis sechs Monate besonders entscheidend, um die motorischen Funktionen wieder zu aktivieren.
Vielen Patient:innen fällt es jedoch schwer, Bewegungen neu zu erlernen, wenn sie immer wieder negatives Feedback bekommen. Bei der Spiegeltherapie ist jedoch das Gegenteil der Fall. „Die Spiegeltherapie macht sich im Grunde eine optische Täuschung zu Nutze. Wir platzieren einen Spiegel so, dass der gesunde Arm bzw. die gesunde Hand gespiegelt werden. Die betroffene Seite ist hinter dem Spiegel und für die Patientin oder den Patienten nicht sichtbar“, so Ergotherapeutin Manuela Conrad, die mit dem Verfahren im PhysioGym der Dr. Becker Rhein-Sieg-Klinik arbeitet.
Bei Bewegung des gesunden Armes entsteht durch Spiegelung der Eindruck, der gelähmte Arm bewege sich mit. Dieses Erleben aktiviert die entsprechenden Hirnareale und verlorengegangene Bewegungsmuster und Funktionen werden trainiert. „Wenn das Gehirn sich quasi daran gewöhnt hat, dass ein Arm oder eine Hand nicht richtig funktionieren, wollen wir es mit der Spiegeltherapie wieder umgewöhnen und eine Verbindung zur betroffenen Seite herstellen. Wir nutzen damit die sogenannte Neuroplastizität des Gehirns, also seine Fähigkeit, Zellen neu zu organisieren“, beschreibt Manuela Conrad. Fortschritte seien oft schon in der ersten Therapiesitzung sichtbar. Eine Übungseinheit dauert 15 Minuten.
Nach einer Testphase im Herbst letzten Jahres nutzen die Therapeut:innen des PhysioGyms in der Dr. Becker Rhein-Sieg-Klinik nun ein neues Gerät für die Spiegeltherapie, das Therapiesystem IVS3, für das rund 45.000 Euro investiert wurden. Das System bietet den Vorteil, dass es auch in frühen Krankheitsstadien angewendet werden kann, so Ulrich Häussermann, Leiter des Therapiezentrums.
Therapieziele mit dem Therapiesystem IVS3 sind: Verbesserung der Motorik, Verringerung von Spastiken, Behandlung von Hemineglect und die Reduktion von zentralen Schmerzen. Neben Funktionseinschränkungen nach Schlaganfall und Hirnverletzungen kann die Therapie auch bei zerebralen Lähmungen, Handverletzungen, Immobilisationen, Amputationen (Phantomschmerzen) und dem komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS), auch Morbus Sudeck genannt, angewendet werden. Sie ist damit sowohl bei neurologischen wie auch bei orthopädischen Erkrankungen möglich.