Wie kann KI Therapieentscheidungen unterstützen?
Ein Forscherteam am Dresdner EKFZ hat gemeinsam mit weiteren Forschenden untersucht, wie künstliche Intelligenz künftig Entscheidungen in der Krebsbehandlung unterstützen könnte. Großes Potenzial sehen sie in KI-basierten Biomarkern.
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In einem neuen Übersichtsartikel beleuchten Prof. Dr. med. Jakob N. Kather (Professor für Klinische Künstliche Intelligenz an der TU Dresden und Onkologe am Dresdner Universitätsklinikum Carl Gustav Carus) und sein Team am Else Kröner Fresenius Zentrum (EKFZ) für Digitale Gesundheit in Zusammenarbeit mit weiteren Forschenden, wie künstliche Intelligenz (KI) künftig Entscheidungen in der Krebsbehandlung unterstützen kann. Denn die Behandlungsmöglichkeiten für solide Tumore sind zunehmend komplexer geworden. Das macht es für Ärzte schwieriger, die optimale Therapie für Patienten auszuwählen. Darüber hinaus schränken die hohen Kosten, die mit personalisierten Therapien verbunden sind, deren breite Verfügbarkeit oft ein. Der in der Fachzeitschrift Trends in Cancer veröffentlichte Artikel behandelt die wachsende Komplexität von Behandlungsmöglichkeiten für solide Tumore sowie den ungleichen Zugang zu personalisierter Medizin. Die Forschenden sehen großes Potenzial in KI-basierten Biomarkern. Diese können aus routinemäßig erhobenen medizinischen Bildern und elektronischen Gesundheitsakten gewonnen werden. Sie böten eine kostengünstige Möglichkeit, bei der Auswahl der passenden Krebstherapie zu unterstützen und das medizinische Personal zu entlasten, so das Fazit der Forschenden.
KI-Methoden könnten helfen, Biomarker aus medizinischen Routinedaten wie Pathologie- und Radiologiebildern sowie klinischen Berichten zu identifizieren, etwa um vorherzusagen, auf welche bestimmte Therapie Patienten wahrscheinlich ansprechen werden, so Dr. Marta Ligero, Erstautorin der Veröffentlichung und Wissenschaftlerin in der Forschungsgruppe von Kather am EKFZ. Die Anwendung von KI-basierten Biomarkern biete einen kosteneffizienten Ansatz zur Unterstützung von Behandlungsentscheidungen und den Zugang zu personalisierter Medizin.
Verbesserte Entscheidungen durch KI-basierte Anwendungen
KI-Modelle bieten zahlreiche Möglichkeiten, die Krebsbehandlung für Patienten zu verbessern. Sie können klinische Aufgaben automatisieren, die bislang manuelle Eingaben erfordern. Als Beispiel nennen die Forschenden die Klassifizierung von histopathologischen Krebsarten direkt aus medizinischen Bildern. Diese Automatisierung könnte schnellere Behandlungsentscheidungen unterstützen und somit die Arbeitsbelastung des medizinischen Personals verringern. Eine weitere wichtige Anwendung ist die Vorhersage molekularer Biomarker aus routinemäßig erhobenen medizinischen Bilddaten. Das könnte dazu beitragen, Herausforderungen moderner Sequenzierungstechnologien wie hohe Kosten, benötigtes Fachwissen und lange Bearbeitungszeiten zu überwinden und personalisierte Therapien für mehr Menschen zugänglich zu machen. Außerdem könnten KI-basierte Tools auch dabei helfen, geeignete klinische Studien für Patienten zu identifizieren und dadurch die Arbeitsbelastung multidisziplinärer Teams zu verringern. Als weiteren Punkt nennen die Forschenden, dass KI-Lösungen durch die Identifizierung neuer Muster in klinischen Daten neue klinische und molekulare Merkmale entdecken könnten. Dieses Wissen könne präzisere Einschätzungen darüber ermöglichen, welche Therapie individuell am besten geeignet sei.
Herausforderungen in der Praxis bleiben
Trotz ihres Potenzials müssten KI-gestützte Methoden noch mehrere Herausforderungen überwinden, bevor sie routinemäßig in der Klinik eingesetzt werden können, heißt es in dem Artikel. Zunächst müssten KI-basierte Biomarker durch groß angelegte Studien sorgfältig evaluiert werden. Darüber hinaus betonen die Forschenden die Notwendigkeit klarer regulatorischer Richtlinien, um die Entwicklung und Zulassung KI-basierter Lösungen zu ermöglichen. Wirtschaftliche Machbarkeitsstudien und algorithmische Fairness seien notwendig, um eine gerechte Umsetzung von KI-basierten Biomarkern zu gewährleisten.
„KI-basierte Biomarker werden innerhalb des nächsten Jahrzehnts einen erheblichen Anteil aller Biomarker in der Präzisionsonkologie ausmachen. Da die Entscheidungsmöglichkeiten für die Behandlung immer komplexer werden, wird der Bedarf an zusätzlichen Biomarkern weiter steigen. Ihr sicherer Einsatz in der klinischen Praxis erfordert geeignete rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen“, so Kather. Darüber hinaus werde es für Ärzte sowie Forschende wichtig sein, KI-Kenntnisse und ein grundlegendes Verständnis von KI-Methoden zu entwickeln, um diese Biomarker effektiv bewerten und anwenden zu können, sobald sie in größerem Umfang verfügbar sind, fügte er hinzu.
Die Publikation von Marta Ligero, Omar S. M. El Nahhas, Mihaela Aldea, Jakob N. Kather unter dem Titel Artificial Intelligence-based Biomarkers for Treatment Decisions in Oncology ist im Fachmagazin ,Trends in Cancer‘ erschienen. doi: https://doi.org/10.1016/j.trecan.2024.12.001