Zentren für Intensivmedizin: „Ein Meilenstein für die Intensivmedizin und die zukünftige Versorgungsqualität“
v.l.: Prof. Gernot Marx, Prof. Dr. Uwe Janssens, Prof. Dr. Florian Hoffmann. ©Daniel Carreño, Thomas Weiland und Daniel von Loeper
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 19. Oktober 2023 die Einrichtung von Zentren für Intensivmedizin beschlossen. „Dieser Tag wird in die Geschichte der Intensivmedizin eingehen“, sagt DIVI-Vizepräsident Professor Gernot Marx. Denn die neuen Zentren seien ein Meilenstein in der Patientenversorgung. „Wir können jetzt den dringend benötigten Ausbau telemedizinischer Netzwerke vorantreiben und zukünftig gerade kritisch kranken Patienten in kleineren Häusern schnell und unkompliziert helfen“, so der Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care am Universitätsklinikum Aachen.
In einer vom G-BA veröffentlichten Pressemitteilung wird bereits deutlich, was genau beschlossen wurde: „Zentren für Intensivmedizin sind Krankenhäuser, die künftig als intensivmedizinische Kompetenz- und Koordinierungszentren neben der Patientenversorgung besondere Aufgaben wahrnehmen und dafür finanzielle Zuschläge erhalten können. Eine wichtige Aufgabe solcher Zentren können Fallkonferenzen mit anderen Krankenhäusern per Videoübertragung sein, was die Verweildauer von intensivmedizinisch versorgten Patienten im Krankenhaus verkürzen oder lebensbedrohliche Komplikationen reduzieren kann. Bisher deckt der intensivmedizinische Anteil in anderen Zentren in der Regel nur die Expertise des jeweiligen Fachgebiets ab und bleibt damit leider begrenzt. Der neue Zentrumstyp für Intensivmedizin ist hingegen durch einen interprofessionellen Versorgungsansatz breiter aufgestellt. Welche speziellen Anforderungen dafür bei Personal, Geräteausstattung oder der Qualitätssicherung in solchen Zentren notwendig sind, definiert der G-BA.“ Die neue Zentrumsregelung tritt nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
„Die erfolgreiche Behandlung schwerstkranker intensivpflichtiger Patienten benötigt zwingend eine interdisziplinäre und multiprofessionelle Versorgung“, kommentiert Vize-Präsident Marx. Entsprechend habe man sich als Fachgesellschaft bereits seit Jahren für die Erweiterung der Zentrumsregel eingesetzt. Gerade die Versorgung von COVID-19-Patienten in der Pandemie habe den Nutzen von Intensivzentren für Personal und Patienten bereits vor Augen geführt. Der Weg sei deshalb nur konsequent, so Marx. „Wir schlagen ein ganz neues Kapitel auf!“
„Die eigentliche Arbeit beginnt natürlich erst jetzt“, so Prof. Dr. Uwe Janssens, Generalsekretär der DIVI und Direktor der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital Eschweiler. Es gelte jetzt, auf Landesebene die intensivmedizinischen Zentren auszuweisen; sie müssen die Qualitätsanforderungen des G-BA erfüllen und Aufgaben wie überregionale Versorgung und Vernetzung übernehmen können. Eine besondere Aufgabe dabei sei die Telemedizin. Bei der Umsetzung der Zentren berät und unterstützt die DIVI.
Aus der G-BA-Entscheidung ergibt sich laut Prof. Dr. Florian Hoffmann, ein weiterer Arbeitsauftrag. Der designierte DIVI-Präsident und Oberarzt am Dr. von Haunerschen Kinderspital München sieht die Zentrumsbildung in der Pädiatrie und pädiatrischen Intensivmedizin als eine der wichtigsten Aufgaben der Zukunft an. Die derzeitigen Versorgungsengpässe seien enorm. Kinder könnten in vielen Regionen Deutschlands zum Beispiel in Zeiten von Viruswellen nicht mehr versorgt werden und sind auf überregionale Netzwerke angewiesen. „Entsprechend ist die G-BA-Entscheidung nicht nur ein großartiger Tag für die Intensivmedizin mit Blick auf die erwachsenen Patienten. Nein, sie ist auch ein Wegweiser für die Kindermedizin“, betont Hoffmann. Er hofft, dass sich ähnliche Möglichkeiten in absehbarer Zeit für die pädiatrischen Teams und kleinsten Patienten im System eröffnen.