Zwischen Fortschritt und Finanzierungslücke

Die Organisationen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft stehen weiterhin unter erheblichem wirtschaftlichem Druck. Eine aktuelle Befragung zeigt eine Branche, die zunehmend zwischen Zuversicht und wachsender Besorgnis gespalten ist.

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Die Organisationen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft stehen weiterhin unter erheblichem wirtschaftlichem Druck. Das sechste „Trendbarometer Sozial- und Gesundheitswirtschaft“ der SozialGestaltung im Auftrag der SozialBank zeigt eine Branche, die sich zunehmend zwischen Zuversicht und wachsender Besorgnis spaltet. Besonders Liquiditätsengpässe, Personalmangel und politische Unsicherheit werden als drängende Herausforderungen wahrgenommen.

An der Umfrage nahmen von Mitte März bis Mitte April Vertreter von über 2.300 Einrichtungen teil. Sie liefert Erkenntnisse über den Fortschritt der Einrichtungen im Transformationsprozess und unterstreicht die Notwendigkeit politischer Reformen durch die neue Bundesregierung. „Eine nachhaltige Transformation in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft erfordert politische Entschlossenheit“, so Prof. Dr. Harald Schmitz, Vorstandsvorsitzender der SozialBank. „Dazu gehören eine transparente Förderpolitik, der Abbau bürokratischer Hürden und eine langfristige Vision für die Pflege- und Gesundheitsversorgung in Deutschland.“

Prof. Dr. Harald Schmitz ©Stephen Petrat

Befragung zeigt gespaltene Branchenstimmung

Wie bereits bei der letzten Erhebung im Herbst 2024 erwartet fast die Hälfte der Betreiber für 2025 ein Jahresdefizit (44 Prozent; Herbst 2024: 46 Prozent). Ebenso viele beurteilen die wirtschaftliche Situation ihrer Unternehmen in den nächsten sechs Monaten als angespannt oder etwas angespannt. Gleichzeitig ist der Anteil jener, die eine positive Prognose abgeben, deutlich gestiegen: 27 Prozent (Herbst 2024: zehn Prozent) blicken nunmehr optimistisch in die Zukunft. „Wir beobachten eine Marktbereinigung mit einer wachsenden Polarisierung“, sagt Susanne Leciejewski, Geschäftsführerin der SozialGestaltung GmbH. „Einige Organisationen haben wirksame Lösungen gefunden, andere kämpfen weiterhin mit existenziellen Problemen.“

Susanne Leciejewski

Besonders auffällig ist der hohe Anteil der Einrichtungen, die aufgrund von Personalengpässen ihre Aufnahmekapazitäten reduziert haben: 52 Prozent der Befragten berichten von einem Rückgang der Kapazitäten zwischen März 2024 und März 2025. Das führt zu sinkenden Einnahmen, während gleichzeitig die Fix- und Lohnkosten steigen. Wenngleich 59 Prozent der Organisationen zum Zeitpunkt der Befragung bereits Vergütungssatzsteigerungen für 2025 ausgehandelt hatten, reichen diese jedoch häufig nicht aus, um die gestiegenen Lohnkosten auszugleichen.

„Die Themen Fachkräftemangel, Verhandlungen mit Kostenträgern und Lohnkostensteigerungen“ dominieren die wirtschaftlichen Herausforderungen“, so Leciejewski. Es brauche dringend wirksame Maßnahmen zum Abbau bürokratischer Hürden und eine spürbare Erleichterung bei der Integration ausländischer Fachkräfte.

Liquiditätsmanagement im Fokus

Unabhängig davon, ob die Einrichtungen optimistisch oder pessimistisch in die Zukunft blicken, hat das Liquiditätsmanagement in vielen Organisationen eine besonders hohe Priorität. Die Sicherstellung einer stabilen Liquidität ist für die meisten Anbieter entscheidend, um weiterhin wettbewerbsfähig bleiben zu können. „Viele Organisationen schöpfen ihre finanziellen Handlungsspielräume noch nicht aus. Hier besteht großes Potenzial zur Professionalisierung“, so Leciejewski.

Beim Blick auf künftige Investitionen zeigen sich neue Prioritäten. Zwar bleiben ‚Personal‘ (62 Prozent) und ‚Digitalisierung‘ (60 Prozent) wichtige Felder, doch ihr Stellenwert ist gegenüber Herbst 2024 deutlich gesunken (Personal: -11 Prozent, Digitalisierung: -20 Prozent). Dafür gewinnt das Thema ‚Nachhaltigkeit‘ an Relevanz: Fast 40 Prozent der Befragten sehen hier einen zentralen Investitionsschwerpunkt – besonders in Bereichen wie Energieeffizienz, moderne Gebäudetechnik und klimafreundliche Mobilität. Allerdings fehlen oft die Mittel: 41 Prozent der Einrichtungen wünschen sich mehr Unterstützung bei der Beantragung von Fördermitteln. Die Förderlandschaft sei zu komplex und wenig transparent, sagt Leciejewski. Das hemme dringend notwendige Investitionen.

Das vollständige ,Trendbarometer Sozial- und Gesundheitswirtschaft' steht kostenlos zum Download zur Verfügung: www.sozialbank.de/trendbarometer.

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