Krankenhausreform geht in Verbändeanhörung

Mitte März wurde ein inoffizieller Referentenentwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes öffentlicht, nun hat das Bundesgesundheitsministerium einen wortgleichen, offiziellen Referentenentwurf in die Verbändeanhörung gegeben.

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Nachdem Mitte März der Referentenentwurf für das „Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen“ (Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz – KHVVG) öffentlich wurde, hat das Bundesgesundheitsministerium jetzt mit der Einladung der von der Reform betroffenen Verbände zur Anhörung auch das Stellungnahmeverfahren eingeleitet. Gleichzeitig liegt jetzt auch ein offizieller Referentenentwurf vor, der dem bereits bekannten entspricht.

Frist für die Abgabe der Stellungnahmen ist der 30. April, womit der bisher von Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) stets angestrebte Zeitplan mit einer ersten Lesung im Kabinett am 24. April unerreichbar ist. Der Termin für die Anhörung kann erst im Mai stattfinden, ebenso wird ein gegebenenfalls überarbeiteter Referentenentwurf erst nach der Anhörung im Mai vorliegen können. Beabsichtigt sei eine erste Lesung noch vor der Sommerpause, heißt es im Anschreiben des Ministeriums.

Bisher haben am 11. und am 12. April Spitzentreffen von BMG und Vertretern von Selbstverwaltung, Kommunen und Praktikern stattgefunden, die von den Teilnehmern sehr unterschiedlich bewertet wurden. So verwahrte sich der Landkreistag gegen eine Vereinnahmung durch Lauterbach. „Nach wie vor haben wir große Bedenken gegen die geplante Krankenhausreform. Nun gibt die Ärztezeitung Minister Lauterbach mit der Aussage wieder, die kommunalen Spitzenverbände hätten keine Bedenken gegen die Reform vorgetragen. Richtig ist das Gegenteil: Seit vielen Monaten werden wir nicht müde, die möglichen negativen Folgen für die Gesundheitsversorgung vor Ort darzustellen und anzuprangern. Uns dergestalt zu vereinnahmen und unsere Zustimmung zu unterstellen, macht uns fassungslos. Wir haben große Sorgen vor allem mit Blick auf die Erreichbarkeiten der Kliniken in der Fläche und die unter Umständen gravierenden Veränderungen der Patientenströme,“ so der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager.

Der AOK-Bundesverband befürchtet, dass der angepeilte ‚große Wurf‘ Lauterbachs in einem teuren Minimalkonsens enden werde. So werde die Konkretisierung der überfälligen Strukturreform per Rechtsverordnung zeitlich nach hinten verschoben, bleibe intransparent und verlange ‚blindes‘ Vertrauen, heißt es in einer Stellungnahme zum Entwurf. Empört zeigte sich der Verband darüber, dass vor allem die Kassen-Beitragszahler die Krankenhaus-Modernisierung stemmen sollen. Gemeint ist dabei der geplante Transformationsfonds, der mit 25 Milliarden Euro aus dem Gesundheitsfonds gespeist werden soll. Diese Transformation müsse als Daseinsvorsorge ‚ausschließlich‘ aus Steuergeld finanziert werden, so der Kassenverband.

Am 17. April soll nun eine Länder-Anhörung zum KHVVG auf Ministerebene stattfinden, das Gesetz soll im Herbst beschlossen werden, in Kraft treten soll es Anfang 2025. Ende 2025 können laut Lauterbach die ersten Länder die Leistungsgruppen zuordnen, 2026 die weiteren Länder. Mit der Konvergenzphase 2027-2028 und dem Vollausgleich ab 2029 sei man genau im Zeitplan, den man sich in den Eckpunkten gemeinsam gegeben habe. Laut Aussagen des Bundesgesundheitsministers wird bereits am Grouper für die Leistungsgruppen gearbeitet (einer Software zur Zuordnung der Leistungsgruppen), der im September fertig sein soll.

Vieles im Referentenentwurf gleicht den letzten bekannten Arbeitsentwürfen aus dem BMG vom Herbst 2023, aber einige Neuerungen sind auch hinzugekommen. Unter anderem wurden die mit der überarbeiteten Protokollerklärung, die ihm Rahmen des Vermittlungsverfahrens zum Krankenhaustransparenzgesetz abgegeben wurde, festgelegten Punkte in den Entwurf integriert – konkret sollen Tarifsteigerungen aller Beschäftigtengruppen im Krankenhaus zukünftig vollständig bei der Berechnung der Landesbasisfallwerte berücksichtigt werden, und das auch unterjährig, ab dem laufenden Jahr. Die Berücksichtigung des vollen Orientierungswerts ist laut des Entwurfs erst ab 2025 vorgesehen – unter anderem die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hatte gefordert, dass dies auch rückwirkend für 2022 und 2023 sowie das laufende Jahr umgesetzt wird, da die Kostensteigerungen in diesen Jahren besonders stark waren und sind und daher eine erhebliche Unterdeckung besteht.

Auch der angekündigte Transformationsfonds steht im Entwurf, Start soll 2026 sein, weshalb der eigentlich in diesem Jahr auslaufende Strukturfonds, der die Basis für den neuen Fonds sein soll, bis Ende 2025 verlängert werden soll – allerdings ohne zusätzliche Finanzmittel. Förderfähig sollen mit dem Transformationsfonds Vorhaben zur standortübergreifenden Konzentration akutstationärer Versorgungskapazitäten; Vorhaben zur Umstrukturierung eines Krankenhauses, nachdem dieses als sektorenübergreifende Versorgungseinrichtung bestimmt wurde; Vorhaben zur Bildung telemedizinischer Netzwerkstrukturen; Vorhaben zur Bildung von Zentren zwischen Hochschulkliniken und nicht universitären Krankenhäusern zur Behandlung von seltenen, komplexen oder schwerwiegenden Erkrankungen; Vorhaben zur Bildung von Krankenhausverbünden; Vorhaben zur Bildung integrierter Notfallstrukturen und Vorhaben zur Schließung eines Krankenhauses oder von Teilen eines Krankenhauses sein.

Die antragstellenden Länder müssen dabei mindestens die Hälfte der Kosten der Transformationsmaßnahmen tragen – 50 Milliarden Euro würden dementsprechend bis 2035 zur Verfügung stehen. Zusätzlich werden die Länder verpflichtet, die Mittel zusätzlich zur Investitionsförderung zur Verfügung zu stellen. Die Investitionsmittel der Länder dürfen dabei im Zeitraum von 2026 bis 2035 die jeweilige durchschnittliche Investitionskostenfinanzierung aus den Jahren 2021 bis 2025 nicht unterschreiten. Gefördert werden dürfen nur Vorhaben, die am 1. Januar 2026 noch nicht begonnen wurden. Unschädlich ist es, wie beim Strukturfonds, wenn mit der Planung bereits im Jahr 2025 begonnen wurde. Die Ausführung der Planung darf aber erst im Jahr 2026 erfolgen.

Wie zu erwarten, hat der Referentenentwurf teils scharfe Kritik hervorgerufen. Von der DKG hieß es, der vorgelegte Gesetzentwurf zeige, wie der Bundesgesundheitsminister durch kleinteilige Struktur- und Personalvorgaben sowie Mindestfallzahlen als Voraussetzung für die Leistungserbringung und eine Finanzierung, die die Universitätskliniken besonders fördere und Grundversorgungskrankenhäuser benachteilige, seinen Plan von der Zentralisierung der Krankenhausversorgung umsetzen wolle. Das Konzept der Vorhaltefinanzierung bleibe ohne Änderung gegenüber dem Arbeitsentwurf und damit wirkungslos im Gesetzespaket bestehen, so Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG.

Einen positiven Blick auf den Entwurf äußerte der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD). Für ihn skizziert der Referentenentwurf den Weg hin zu einer Krankenhauslandschaft, in der durch Transformation, Konzentration und Koordination die Versorgung auch in Zukunft flächendeckend gesichert werden kann. Auch finanziell sei mit dem Transformationsfonds ein Impuls gesetzt, den strukturellen Wandel voranzubringen. Keineswegs dürfe der wichtige Reformprozess infrage gestellt werden. Der Fokus müsse auf einer qualitativ hochwertigen Versorgung aller Patientinnen und Patienten bleiben.

Der Marburger Bund (MB) hegt erhebliche Zweifel daran, ob die mit der Krankenhausreform verfolgten Ziele erreicht werden können. So werde der aktuelle kalte Strukturwandel zunächst ungebremst weitergehen. Es gelte allerdings anzuerkennen, dass der Entwurf ab 2024 eine vollständige unterjährige Tarifkostenrefinanzierung für alle Beschäftigtengruppen vorsehe, genau wie die Berücksichtigung des vollen Orientierungswerts bei der Ermittlung der Landesbasisfallwerte.

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